Ökologischer Fußabdruck – wenn der Laie verantwortlich gemacht wird
Vom Ökologischen Fußabdruck hat mittlerweile jeder schon einmal gehört und vielleicht auch selbst schon einmal berechnet. Es gibt zahlreiche Seiten, die die eigene CO2-Bilanz berechnen. Das ist ein toller Weg, um sich mit sich und seinem Ressourcenverbrauch kritisch zu befassen und zu schauen, an welchen Stellen man sich verbessern kann. Doch was hat eine Ölfirma damit zu tun und warum spuckt jeder Test ein anderes Ergebnis aus?
Wie funktioniert der Ökologische Fußabdruck überhaupt?
Der Ökologische Fußabdruck verrät uns, wie viel Fläche (angegeben in Hektar) es benötigt, um unseren Lebensstandard zu erhalten.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Ökologischen Fußabdruck zu berechnen. Wer sich schon einmal informiert hat, wird feststellen, dass jeder Test ein wenig anders ist: andere Fragen, andere Einteilungen und somit auch andere Ergebnisse. Zurecht stellt man sich die Frage, wie aussagekräftig diese Tests wirklich sind. Wie genau wird er also berechnet? Im Folgenden ein kurzes Video von dem YouTube-Kanal Deine Spur:
Woher kommt der Ökologische Fußabdruck?
Erfinder des Ökologischen Fußabdrucks ist Mathis Wackernagel. Im Jahre 1994 fragte sich der junge Ingeniuersstudent anlässig seiner Doktorarbeit, ob man den Einfluss, welchen die Menschen auf die Umwelt haben, nicht in einer Fläche umrechnen kann. So berechnet er also eine Formel und stellt diese dann auf zahlreichen Konferenzen vor. Er betont dabei, dass die Formel noch nicht ausgereift und komplex genug wäre. Er hat Erfolg mit seinem Projekt und gründet 2003 die NGO (Global Footprint Network) in Kalifornien, wo es darum geht, den Fußabdruck für Länder zu berechnen. Eine gute Sache!
Eine Ölfirma und das Verlagern der eigene Verantwortung
1997 hält der CEO John Browne der Firma Britsh Petroleum (BP America) eine Rede und erkennt den Klimawandel als ein menschengemachtes Problem an. So heißt es: „It is hard to isolate cause and effect. But there is now an effective consensus among the world’s leading scientists and serious and well informed people outside the scientific community that there is a discernible human influence on the climate, and a link between the concentration of carbon dioxide and the increase in temperature.“. Es folgen eine Reihe an Maßnahmen, um das Problem besser zu verstehen und die Folgen des Klimawandels einzudämmen, beispielsweise das Investieren in Solarenergie. Trotzdem beharrt Browne darauf, dass er nicht glaube, dass ein vollständiger Verzicht auf Öl und Gas nötig sei.
Das sind viel Worte und Versprechen, wenn man beachtet, dass bereits Ende der 70er Jahre Studien von einem der Top 3 Ölgiganten gab, die eben genau dies belegen. Also alles nur heiße Luft?
BP vollzieht einen Imagiewechsel: neue Versprechen, neues Logo und vor allem – sauberes Erdöl!
Sie werben fleißig mit dem ökologischen Fußabdruck, während sie selbst weiter in fossile Brennstoffe investieren und lenken somit die Verantwortung und den Einfluss, den sie als Ölfirma haben, auf den einfachen Verbraucher. So wird die Fußabdruckformel erst richtig publik und gewinnt immer mehr Zuspruch außerhalb des wissenschaftlichen Diskurs.
Wie aussagekräftig ist der Ökologische Fußabdruck?
Ich habe selbst einmal mehrere Seiten getestet, dabei unter anderem WWF, Brot für die Welt und ClimateHero. Im Folgenden seht ihr meine Ergebnisse vom WWF-Rechner, ClimateHero und anschließend von Brot für die Welt.
Die Fragen lassen sich grob in 3 Bereiche unterteilen: Wohnen, Mobilität und Konsum.
Die Fragen wollen alle das gleiche wissen, nämlich wie viel und wovon. Jedoch gibt es erhebliche Unterschiede bei den Formulierungen, den Einteilungen und der Äusführlichkeit der Fragen. So fragt WWF beispielsweise welchen Anteil saisonales Obst und Gemüse beim Einkauf ausmache und gibt dabei Antwortmöglichkeiten wie ,,die Hälfte“ oder ,,ein Viertel“. Bei ClimateHero wird stattdessen nur gefragt, OB man auf saisonale Produkte zurückgreift. BrotfürdieWelt macht es ganz anders und fragt nur, wie wichtig einem eben diese wären. Dass sich diese Fragen und Antowrtmöglichkeiten in der Tiefe grundlegend unterscheiden, wird deutlich beim Ergebnis. Es wird nicht nur mit anderen Maßstäben gemessen, sondern Details werden ganz anders beachtet. Diese Unterschiede ziehen sich durch alle Test. Das Ergebnis selbst mangelt ebenfalls an Einheit. So wird bei die Fläche bei den meisten in Planeten angegeben (siehe WWF oder BrotfürdieWelt) oder es werden ganz eigene Einteilungen/Kategorie zur Beurteilung gemacht (siehe ClimateHero). Das erschwert nicht nur das Verständnis, sondern macht den Fußabdruck unglaubwürdig und nichtig.
Wichtig bei solchen Tests ist es, sich bereits vorher mit dem eigenen Verhalten und Gegebenheiten von beispielsweise der Wohnsituation zu befassen, da die Daten am Ende wichtig für das Ergebnis sind. Kritisch sollte man mit Versprechen wie: ,,Nur 5 Minuten!“ umgehen. Das klingt erstmal schön und einfach, wenn ich nicht viel Zeit aufwenden muss, um meinen Fußabdruck berechnen zulassen und funktioniert als Marketingstrategie sicherlich wunderbar. Jedoch darf man nicht vergessen, dass je allgemeiner die Fragen gefasst sind und je weniger Zeit man sich nimmt, um diese zu beantworten, desto allgemeiner und nichtsaussagender ist das Ergebnis.
So kommen wir zum nächsten Kritikpunkt. Der ökologische Fußabdruck war nie für Einzelpersonen gedacht. Wackernagel berechnete die Formel mit dem Ziel, den Flächenverbrauch für ganze Länder zu berechnen. Selbstverständlich kann man dort ebenfalls die Methodik in Frage stellen, trotzdem ist die Formel für sich schon zu komplex für einen einzelnen Menschen und viele Dinge werden bzw. können gar nicht berücksichtigt.
Welchen Test kann ich also machen, wenn ich es unbedingt wissen will?
Hier erhaltet ihr eine Auswertung der verschiedenen Rechner, welche wir getestet haben und welchen wir euch im Bezug auf eure Schwerpunkte empfehlen.
Wie gehen wir damit um?
Der Ökologische Fußabdruck ist nicht per se schlecht. Es ist eine gute Möglichkeit, einen Richtwert für den eigenen Ressourcenverbrauch zu erhalten und in der Gesellschaft ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen. Keinesfalls sollte man aber das Ergebnis, welches wie bereits festgestellt sehr unterschiedlich ausfallen kann, auf die Goldwaage legen. Auch wir werden zum Verständnis weiter mit ihm arbeiten und Zahlen übernehmen, da es eine grobe Einschätzung liefert und man so bestimmte Dinge leichter miteinander vergleichen kann. Das Testverfahren ist aber definitiv ausbaufähig und es sollte mehr Einheit geben.
Bitte vergesst aber nicht, wo der Ökologische Fußabdruck herkommt und für was er eigentlich gedacht war: nämlich für Länder. Diese sollten sich meiner Meinung nach stärker mit diesem auseinandersetzten und alles in ihrer Macht stehende tun, um diesen zu verringern.
Wir können so oft wir wollen mit dem Zug fahren oder eine Bambuszahnbürste kaufen, es wird sich nichts ändern, wenn die großen Konzerne und Ölgiganten nicht für ihre Klimaverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden und sich grundlegend etwas ändert. Dass heißt nicht, dass das, was wir tun, keinen Unterschied macht. Im Gegenteil! Wir als Gesellschaft können die Stimme der Vernunft sein und Veränderung bewirken. Es fängt mit unten an und hört oben auf; das Seil hat zwei Enden.
Verfasserin: Claire Leihfeit
Dieser Beitrag spiegelt meine persönliche Meinung wider. Alle Quellen, auf die dieser Beitrag aufbaut, findet ihr in der anhängenden PDF-Datei.